Am 21. September reisten die rund 200 Delegierten zum 3. Bezirksverbandstag zum Oberhausener CongressCentrum, um die Mannschaft und den Kurs der DSTG Rheinland für die nächsten vier Jahre zu bestimmen. Am Vormittag stand neben den Vorstandswahlen der Geschäfts- und Rechenschaftsbericht für die abgelaufene Wahlperiode auf dem Programm.
Geschäftsbericht "75 Jahre - und kein bisschen leise!"
Der Geschäftsbericht 2019 - 2023 stand unter dem Motto "75 Jahre - und kein bisschen Leise", da die Bezirksverbände im Sommer 1948 gegründet wurden. Marc Kleischmann rief den Delegierten die Gründungszeit in Erinnerung, als eine Hand voll engagierter Menschen mit Schreibmaschine am Küchentisch den Grundstein des gewerkschaftlichen Handelns legte. "Unsere Gründungsväter wären stolz darauf, was in 75 Jahren aus ihrer DSTG Rheinland mit nunmehr rund 9.600 Mitgliedern geworden ist. Einem der letzten Zeitzeugen war es gesundheitlich leider nicht möglich, der Veranstaltung beizuwohnen. Das Rheinland bedankte sich bei ihm in Form eines Briefes, der von den Delegierten unterzeichnet wurde.
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Vorstandswahlen
Nach dem Rechenschaftsbericht folgte die Neuwahl des Vorstandes. Die Delegierten wählten Marc Kleischmann mit dem überwältigenden Ergebnis von 97 Prozent ein weiteres Mal zu ihrem Vorsitzenden. Der 54-jährige Sachgebietsleiter und Mitglied des Hauptpersonalrates aus Mülheim an der Ruhr wird von Rainer Hengst als erstem Stellvertreter und Caro Konzack in der Rolle als Schatzmeisterin unterstützt. Neu im Vorstand sind Marius Müller und Oliver Preuß für den Tarifbereich. Detlef Mohr, Helmut Pauls und Katrin Thommessen wurden in ihrem Amt bestätigt. Komplettiert wird das Team der Stellvertreter durch die sog. geborenen Mitglieder Manfred Lehmann (Landesvorsitzender), Rainer Vollmer (HPR-Vorsitzender) und Milanie Kreutz (Mitglied der dbb Bundesleitung) sowie die Vorsitzenden der Bezirksjugendleitung, Teresa Jedinat, der Frauenvertretung, Diana Wedemeyer, und der Bezirksseniorenvertretung, der ebenfalls frisch gewählten Ulla Wittwer.
Nicht mehr angetreten war Silke Oligschläger. Der bundesweite Tarifexperte, Karl-Heinz Leverkus, hatte sich bereits 2022 aus Altersgründen von der gewerkschaftlichen Bühne und damit aus dem Vorstand verabschiedet. Für sein "Lebenswerk" nach 45 Jahren gewerkschaftlichem Engagement für die DSTG und den dbb bedankten sich die Delegierten mit der Ehrenmitgliedschaft.
Öffentliche Veranstaltung
Die Öffentliche Veranstaltung am Nachmittag stand ganz im Zeichen der "Digitalisierung". Rainer Hengst, begrüßte die Delegierten und Ehrengäste und stimmte sie auf einen spannenden Nachmittag ein. Besonders willkommen hieß er den "neuen" Bundesvorsitzenden Florian Köbler, der zum ersten Mal im Rheinland zu Gast war und auch ein Grußwort mitgebracht hatte.
Grußwort des neuen Bundesvorsitzenden
Köbler lenkte den Focus seiner Ausführungen auf die Anstrengungen der Bundes-DSTG, das deutsche Steuerrecht zu entschlacken und digitalfest zu machen. Er verwies dabei auf die Belastungen der Beschäftigten und legte andererseits konstruktive Vorschläge zur Weiterentwicklung und Vereinfachung des Steuerrechtes vor.
Ein satirischer Blick auf eine "moderne" Finanzverwaltung
Natürlich durfte zur Auflockerung auch die "traditionelle" Showeinlage des kabarettistischen Ausnahmetalents Marc Kleischmann nicht fehlen, der in gewohnt satirischer Form die gerne zitierte "moderne" Verwaltung aufs Korn nahm. Neben der 41-Stunden-Woche, der Grundsteuer, dem Sanierungs- und Modernisierungsstau karikierte der Bezirksverbandsvorsitzende die Einsparungen im RZF, den dortigen Beförderungsstau und vorherrschenden Personalnotstand. Er verwies auf Missstände und Unzulänglichkeiten und machte deutlich, dass neben der Verwaltung insbesondere die Politik die Verantwortung für diese Belastungen sowie die unzulänglichen Digitalisierungsbemühungen trage und leitete so zum Impulsvortrag über.
Digitalisierung in komplexen Verwaltungsstrukturen
Unter dem Titel "Digitalisierungsupdate 2.0" folgte der Vortrag der Keynotsprecherin Fr. Dr. Julia Borggräfe, Verwaltungskennerin und anerkannte Expertin in digitalen Transformationsprozessen. Sie machte deutlich, in welchem Spannungsfeld wir uns als Verwaltung bei fortschreitender Digitalisierung bewegen und zeigte auf, unter welchen Voraussetzungen notwendige Digitalisierungsvorhaben in komplexen Verwaltungsstrukturen gelingen können. Als Kernbotschaft bleibt festzuhalten, dass agile und schnelle Prozesse nicht unbedingt mit hierarchischen Strukturen harmonieren und die Verwaltung ihre eigenen Grenzen besser managen muss, um im Transformationsprozess erfolgreich zu sein.
Podiumsdiskussion
Im Anschluss diskutierten auf dem Podium Staatssekretär Dr. Günnewig, Detlef Mohr als Vertreter der Praxis und Frau. Dr. Borggräfe unter der fachkundigen Leitung der WDR5-Moderatorin Judith Schulte-Loh, wie es um den digitalen Transformationsprozess in NRW bestellt ist.
Staatssekretär Dr. Günnewig machte für die Verwaltung deutlich, dass der Innovationsprozess unvermeidbar sei. Wir alle stellten uns damit als Finanzverwaltung einer komplexen Herausforderung mit vielen Facetten. Dazu gehöre die Anpassung der Programme und Strukturen, bei denen NRW zu lange auf eigene Entwicklungen gesetzt habe. Ohne eine bundesweite Einbindung und erhebliche Fortschritte bei ELSTER und KONSENS sei eine innovative und digital geprägte Finanzverwaltung in Zukunft nicht mehr denkbar. NRW werde sich jetzt in KONSENS stärker engagieren, um Prozesse zu beschleunigen und man stelle deshalb bundesweit mehr finanzielle Mittel bereit.
Für die DSTG schilderte Detlef Mohr die Kritik an Ausstattung, Abläufen und Programmen aus der täglichen Finanzamtspraxis, die um zahlreiche unterschiedliche Beispiele aus dem Publikum ergänzt wurde. Er forderte in dem Zusammenhang jetzt schnelle Hilfe und eine drastische Ausweitung der automatisierten Erledigungen, damit man der Situation in den Veranlagungsbezirken überhaupt noch Herr werden könne.
Im Verlauf der Podiumsdiskussion wurde insbesondere die Frage, ob die Verwaltung auf ihrem Weg hin zur digitalen Transformation gut aufgestellt sei, sehr unterschiedlich bewertet. Gemeinsam war man aber zum Ende des ersten Tages der Meinung, dass auf diesem Weg die Beschäftigten frühzeitig, umfassend und transparent zu beteiligen seien.
In diesem Zusammenhang prägte Frau Dr. Julia Borggräfe den wichtigen Satz "Verhältnisse schaffen Verhalten". Er bringt zum Ausdruck, dass Widerstände nur abgebaut werden können, indem man die Beschäftigten bereits vor Beginn des Prozesses einbezieht und auf den Weg zu Veränderungen mitnimmt.
Inhaltliche Kursbestimmung zum Abschluss
Am zweiten Tag stand noch als letzter Punkt die Beratung der fast 80 Anträgen als inhaltliche Kursbestimmung auf der Tagesordnung. Am Ende eines spannenden und themenstarken Gewerkschaftstages ist das Rheinland jetzt für die Zukunft neu aufgestellt. Es gibt viel zu tun, packen wir es an!